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Hi, ich bin Mompreneur

©Natalie Stanczak

Ein Gastbeitrag von Lisa Figas, Co-Founder von TelementryDeck über das Leben als Mompreneur. Wir freuen uns sehr, sie dieses Jahr bei der femme.digitale 2022 als Podiumsgast dabei zu haben.

Post-its, Kanban und ein feministischer Ehemann – Gründen als Mutter

Natürlich habe ich mich oft gefragt, ob ich eigentlich verrückt bin. Muss man wirklich mitten in einer Pandemie als Mutter und ohne Startkapital ein Unternehmen zu gründen? Das ist eine Kombination, die mich dazu gezwungen hat, (fast) Vollzeit zu arbeiten, um meinen Teil zum Familieneinkommen beizutragen, abends und am Wochenende die Unternehmensgründung voranzutreiben und flexibel auf die sich täglich wechselnde Betreuungssituation meiner beiden Kinder zu reagieren. Aber irgendwie hat es geklappt. Und ich möchte heute davon erzählen, wie.

Flexibilität durch das passende Arbeitszeitmodell und virtuelle Meetings

In meinem damaligen Job hatte ich die Möglichkeit, Überstunden aufzubauen und flexibel zu nutzen. Das hat es mir erlaubt, auch mal tagsüber Termine wahrzunehmen. Zum Glück sind meine ehemaligen Chefs selbst Gründer*innen, und unterstützen mich. Mir ist bewusst, dass das eine sehr privilegierte Situation ist, denn hätte ich Schichtarbeit in einem Betrieb geleistet, wäre diese Flexibilität natürlich nicht möglich gewesen.

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Der zweite, wichtige Faktor war die Pandemie. Alle Meetings, die ich aufgrund der Unternehmensgründung hatte, fanden virtuell statt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Gründer*innen das vor Corona gemacht haben. Ich hätte es nicht mit meinem Alltag verbinden können, alle paar Tage in eine andere Stadt zu reisen, um mit Investor*innen zu sprechen. Gerade in der Phase der unverbindlichen Erstgespräche mit Kapitalgebern fand ich die Treffen auf Distanz sehr effizient. Nun bin ich froh, dass sich inzwischen die meisten Leute an virtuelle Meetings gewöhnt haben.

Übrigens haben die Videokonferenzen noch einen weiteren, unschätzbaren Vorteil: Man kann unauffällig Fachbegriffe im Internet suchen, wenn man mit den „Start-up-Vokabeln“ noch nicht so ganz fit ist. Aber: Pssst!

Asynchrone Kommunikation als fester Bestandteil der Unternehmenskultur

Unser Start-up hat Kund*innen auf der ganzen Welt. Zeitversetzte Kommunikation ergibt sich also für alle Beteiligten ganz automatisch schon durch die Zeitverschiebung. Die meisten Themen lassen sich per E-Mail besprechen. Unsere Social-Media-Kanäle bespielen wir dann, wenn wir Zeit haben oder wir planen Posts vor. Mit unserer Steuerkanzlei klären wir fast alles per E-Mail.

Im Gründungsteam sind wir nur zu zweit. Da ist die Terminabstimmung deutlich einfacher. Über einen verschlüsselten Chat sind wir mehrmals pro Tag im Austausch. Für größere Themen haben wir uns bisher immer gegenseitig zu Meetings eingeladen und dann in der Regel online unsere Themen besprochen. Seit kurzem haben wir ein festes, wöchentliches Geschäftsführer-Meeting, für das wir Themen sammeln. Da kommen dann auch die Kleinigkeiten auf die Liste, für die man sonst nicht extra anrufen würde.

© Lisa Figas Screenshot
© Lisa Figas Screenshot

Was vieles leichter macht, sind Kalender-Links, bei denen man die Verfügbarkeiten des anderen einsehen kann. Das ist eine geniale Erfindung!

Organisationstalent und Selbstdisziplin als wichtigste Fähigkeiten

Gründen ist ein dynamischer Prozess. Die Prioritäten ändern sich täglich. Ich achte darauf, wirklich immer nur das zu tun, was jetzt in diesem Moment wichtig ist.

Themen, die mich länger beschäftigen und sehr wichtig sind, habe ich über meinen Bildschirmen an die Wand geklebt. Da hängen im Moment die Infos zur Reise nach Helsinki auf die Slush. An dem Thema bin ich derzeit täglich dran, weil man für diese Konferenz viel vorbereiten muss.

Zu jedem Thema, und sei es noch so klein, gibt es auch eine Karte in einem Kanban-Board. Dort speichere ich Notizen und Links zu meinen aktuellen Aufgaben. Beinahe täglich sortiere ich neu und schaffe es dadurch, alle Bälle in der Luft zu halten.

Bei Meetings habe ich bis vor kurzem handschriftlich mitgeschrieben und die Notizen abgeheftet, um beim nächsten Termin alle Infos parat zu haben. Inzwischen haben wir dafür ein Tool, damit Daniel die Notizen ebenfalls einsehen kann. Das ist sehr wichtig, weil die Zuständigkeit für Kontakte oft von einem zum anderen wandert. So gebe ich beispielsweise im Sales Prozess den Lead irgendwann an Daniel weiter, der sich dann um die technischen Fragen und die Implementierung kümmert.

Gute Teampartner für alle Lebensbereiche

© Lisa Figas
© Lisa Figas

Ich habe mit Daniel einen Geschäftspartner, der meine Lebensumstände kennt und sich bewusst darauf eingelassen hat, gemeinsam mit einer Mutter in das Abenteuer Start-up zu starten. Wir geben beide unser Bestes und das ist genug. Die Arbeitszeit, die wir in TelemetryDeck investieren, war teilweise sehr unterschiedlich, weil ich noch in meinem alten Job gearbeitet habe und er schon Vollzeit für das Start-up tätig war. Doch wir ziehen immer an einem Strang und das ist das Wichtigste. Und inzwischen hat sich das ja auch geändert, da wir eine Finanzierung bekommen haben und uns Gehälter zahlen können.

© Lisa Figas
© Lisa Figas

Einen entscheidenden Anteil am Erfolg hat auch mein Mann. Der übernimmt mindestens die Hälfte der Aufgaben, die im Familienalltag anfallen. So kann ich mich zum Beispiel bei allen Schul-Themen komplett raushalten, was mir sehr viel kleinteilige Organisation erspart. Unseren Haushalt organisieren wir mithilfe einer App. Alle Termine und unangenehmen Kleinigkeiten wie der Schwimmbeutel-Donnerstag stehen in einem Wochenplan in der Küche.

Kinder einbeziehen und erklären, was vor sich geht

Meinen Kindern erkläre ich, was ich mache und warum mir das wichtig ist. Ich halte es für essenziell, dass wir ehrlich zu Ihnen sind. Ja, Mama hat weniger Zeit zum LEGO spielen. Aber Mama macht etwas, das ihr Freude macht und Energie bringt. Wechselt man die Perspektive und fragt sich, was wäre, wenn ich wegen der Kinder auf die Gründung verzichtet hätte, so merkt man schnell, dass eine traurige, enttäuschte und gelangweilte Mutter wohl sicherlich nicht das Richtige für sie wäre.

© Natalie Stanczak
© Natalie Stanczak

Es hilft, dass mein Mitgründer ein super Kumpel für die beiden ist. Sie haben ihn gern und finden es sehr cool, einen Erwachsenen zu kennen, der ähnlich LEGO verrückt ist, wie sie selbst. Außerdem hat er eine App auf seinem Handy, mit der man in unserem Wohnzimmer Raketen starten lassen kann! Wenn ich mit Daniel eine Videokonferenz habe, kommen sie vorbei, halten die neuesten Bauwerke in die Kamera. Ich denke, das macht die ganze Gründung für sie etwas greifbarer. Und mir macht es Spaß, komplizierte Dinge, wie eine Finanzierungsrunde kindgerecht zu erklären.

Es gibt auch schlechte Tage

© Lisa Figas Screenshot
© Lisa Figas Screenshot

Nicht alles ist rosarot und zuckrig. Ich komme nur mit viel Disziplin durch diese Zeit und an manchen Tagen gewinnen die Sorgen die Überhand oder ich bin erschöpft. Doch ich habe neulich dank meiner Stimmungs-App festgestellt, dass meine Laune an Tagen, an denen ich Termine rund um TelemetryDeck habe, deutlich besser ist, als an den anderen Tagen. Mein eigenes Unternehmen zu gründen, gibt mir unglaublich viel Energie und Freude.

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Verfasst von Lisa Figas

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