
Roberta Bergmann scheint immer auf Zack: Sie illustriert Bücher, schreibt selbst welche, hostet Clubhouse-Talks zum Thema Kreativität und produziert den Podcast „Der kreative Flow – Der Podcast für Kreativschaffende“. Darin gibt sie Tipps und Tricks, wie man im Alltag oder im Beruf, bei Gründungen oder Projekten die eigene Kreativität besser nutzen kann. Die Kreativexpertin lässt kaum eine Plattform ungenutzt, um ihr Wissen über Gestaltungsgrundlagen und Kreativ-Gründungen weiterzugeben. Bei femme.digitale erzählt sie, warum sie für ihren Weg ziemlich viel Durchhaltevermögen gebraucht hat.
1. Wenn du dich für jede Frau auf der Welt entscheidet könntest: Wen würdest du als Gästin zu dir nach Hause zum Essen einladen?
Oh, das ist eine schwierige Frage, weil ich mehr als einen Wunsch habe! Ich nenne jetzt einfach mal die Person, die mir als Erstes eingefallen ist, weil da der Wunsch auch noch so frisch ist, sie wirklich in echt zu treffen: Das ist Lisa Congdon, eine amerikanische Illustratorin und Kreative. Ich habe sie 2020 für meinen Podcast angefragt, weil ich sie super spannend finde und ihr Weg als Kreative so viel Mut macht. Wir stehen in Kontakt, aber bisher hat es mit dem Interview noch nicht geklappt. Ich glaube, sie ist eine Person mit der man stundenlang in der Küche schnippeln und das Essen vorbereiten kann, vielleicht sowas wie einen Eintopf? Dazu gibt ein Glas Rotwein und man quatscht über das Leben.
2. Deine größte Scheiter-Story? Und was hast du daraus gelernt?
Da gibt es sicherlich einige … Die Frage ist ja, wann fühlen sich Niederlagen oder verpasste Chancen nach „Scheitern“ an, also nach „zerbrochenen Träumen“? Scheitern ist ein sehr hartes Wort, finde ich, in dem eine „eigene Schuld“ impliziert ist (oder lese nur ich das da heraus? Psychologie on! ?). Na jedenfalls, es gibt immer wieder Situationen in meinem Leben, wo ich scheitere oder gescheitert bin. Etwa 25 Jahre zurück liegt mein Scheitern mit der künstlerischen Bewerbungsmappe an deutschen Kunsthochschulen, da ich Grafikdesign studieren wollte (Spoiler: Ich hab das dann doch noch geschafft). Ich habe mich 1997 das erste Mal mit einer Mappe beworben (das war an der FH Potsdam) und danach folgten in den kommenden Jahren die Kunsthochschulen in Berlin, Halle, Kassel und Braunschweig. Ich glaube, es waren insgesamt um die 6-7 Absagen.
Es dauerte zwei Jahre und eine Ausbildung zum Gestaltungstechnischen Assistenten für Grafik und Design bis ich 1999 dann in Dessau und Braunschweig angenommen wurde. Die größte Lehre daraus war, nicht gleich hinzuschmeißen, wenn man abgelehnt wird. (Gut, natürlich gibt es immer welche, die es beim ersten Anlauf schaffen.) Es braucht Ausdauer. Und ich habe festgestellt, dass mich Ablehnungen eine ganze Zeit sogar noch anstacheln, nach dem Motto „Jetzt erst Recht. Ich beweise es Euch!“. Diese Ablehnungen ziehen sich übrigens stetig durch mein Leben, egal ob später dann auf Jobs, auf Aufnahmen in den regionalen Kunstverband, bei Wettbewerben, bei Verlagen oder auf Stipendien. Man muss sich echt ein dickes Fell zulegen. Bei mir ist die Regel: 95% Absagen, 5% Zusagen. Dazu habe ich auch mal eine Podcastfolge bei „Der kreative Flow“ gemacht, die heißt: „Warum Du Deine Versagensquote verdoppeln solltest“.
3. Wann hat dich zuletzt eine Frau unterstützt und bei was?
Oh, das passiert mir schon oft, würde ich sagen! Daher ist auch hier die Frage, wen nenne ich jetzt? Meine Mama zählt ja nicht, oder? ? Ich habe ganz frisch seit Februar 2021 einem Steady-Account wo man mir monatlich oder jährlich monetäre Unterstützung für meine freien kreativen Projekte (wie den Podcast) zukommen lassen kann. Vorher hatte ich nur Paypal, aber da konnte ich nichts zurückgeben. Daher war Steady so ein Ding, die Idee des Mikro-Crowdinvesting auf professionelle Beine zu stellen, sodass ich für regelmäßige Zahlungen auch zusätzlichen und exklusiven Content zurückgeben kann. Dort unterstützen mich momentan mit regelmäßigen Zahlungen schon 18 Personen, davon sind 14 Frauen!
4. Wie sieht dein perfekter Sonntag aus?
Das ist privat ? Nur so viel: Ich arbeite an einem perfekten Sonntag nicht und verbringe die Zeit allein mit mir oder mit lieben Menschen und tue etwas für Körper und Geist. Das Schlüsselwort ist: Entspannung.
5. Wann warst du zuletzt mutig?
Immer wenn ich jemanden für meinen Podcast oder Blog anfrage, muss ich mutig sein. Vor allem, wenn ich die Person nicht persönlich kenne. Meistens kommt noch dazu, dass ich voller Respekt bin und dann das Muffensausen noch größer ist. Aber ich sage mir dann: Ist doch auch nur ein ganz normaler Mensch, der normal behandelt werden möchte und ja – meistens traue ich mich dann und schreibe oder rufe die Person an.
6. Was war deine größte Herausforderung – und wie hast du sie gemeistert?
Puh, vielleicht die, meinen Kopf durchzusetzen und an dem Wunsch festzuhalten, ein Design-Studienplatz zu bekommen? Oder der Riesenwunsch mal selbst ein Buch zu schreiben das verlegt wird (auch ein Wunsch, an dem ich viele Jahre gearbeitet habe, bis es endlich geklappt hat)? Die beiden Sachen prägen jedenfalls jetzt meine berufliche Realität und machen mich zu dem, was und wer ich heute bin. Gemeistert habe ich es, wie schon gesagt, mit Ausdauer und Ehrgeiz und dass ich mich nicht von Absagen und dem Scheitern davon habe abbringen lassen.
7. Welchen Rat hast du für andere Kreativschaffende?
Vernetzt euch mit anderen Kreativen, die ähnliche Ziele haben, auf einem ähnlichen Level sind wie ihr, vielleicht auch schon einen Schritt weiter. Apropos „Schritt weiter“, da kommt vielleicht auch ein/e Mentor*in ins Spiel. Jemand, der euch leiten kann, der ein Vorbild ist und von dessen Erfahrung du profitieren kannst. Vernetzen ist heutzutage sooooo viel einfacher als noch zu der Zeit, wo ich mich selbständig gemacht habe! Daher empfehle ich auf jeden Fall die sozialen Netzwerke fürs Netzwerken, wie z.B. Facebookgruppen, Challenges bei Instagram, Räume bei Clubhouse, Kanäle bei YouTube, Twitch oder Discord. Wenn es dazu noch nichts gibt, dann gründet selbst einen Kanal oder eine Facebookgruppe, habe ich auch gemacht! Aber auch ein Offline-Netzwerken bei Vereinen, Stammtischen, Berufsverbänden und Konferenzen ist sehr zu empfehlen (wenn es wieder möglich ist > nach Corona).
Foto © Roberta Bergmann